Warnstreik der Busfahrer: ver.di stellt sich auf langen Arbeitskampf ein
Wer in Reutlingen oder Tübingen mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, muss sich am heutigen Donnerstag nach Alternativen umsehen. Denn die Busfahrer streiken seit 9 Uhr morgens und werden noch bis zum Betriebsschluss streiken. Insbesondere bei TüBus und RSV, aber auch bei anderen Busunternehmen in den Landkreisen Reutlingen und Tübingen. In Tübingen fährt nur die Linie 5 zwischen Hauptbahnhof und Kliniken als Notdienst, in Reutlingen sind alle Linien vom Streik betroffen. In beiden Städten trafen sich die Busfahrer zu Kundgebungen.
Europaplatz in Tübingen, zehn Uhr morgens. Busfahrer aus dem gesamten Landkreis haben sich versammelt, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die Gewerkschaft ver.di fordert für die Beschäftigten im privaten Omnibusgewerbe neun Prozent mehr Lohn. Die Arbeitgeberseite, die im WBO organisiert ist, weist das als vollkommen überzogen zurück.
Benjamin Stein, Bezirksgeschäftsführer von ver.di Fils-Neckar-Alb: "Wir hatten auch eine Runde, wo die Arbeitgeber signalisiert haben, es gibt maximal vielleicht irgendwann mal einen Inflationsausgleich, aber sonst gibt es nichts, und das ist natürlich bei unserer Forderung von 9 Prozent weit von dem weg, was wir uns vorstellen, und deswegen müssen wir heute über den Streik Druck machen für die Verhandlungen nächste Woche."
Am kommenden Mittwoch gehen die Tarifverhandlungen weiter. Die Fronten scheinen verhärtet. Denn der WBO spricht von einer enormen Belastung für die Arbeitgeberseite schon durch die vergangene Tariferhöhung um rund 15 Prozent. Die Forderung von neun Prozent mehr Lohn für das kommende Jahr sei völlig aus der Luft gegriffen. Die Gewerkschaft ver.di sieht es anders: Wer im öffentlichen Nahverkehr gute Leistung möchte, solle die Kollegen gut bezahlen.
Benjamin Stein: "Die Jobs als Busfahrerinnen und Busfahrer sind anstrengend, sind in Schichtdienst, sind zu unterschiedlichen Zeiten, und deswegen brauchen wir da gute Arbeitsbedingungen, gute Entlohnungen und bessere Erhöhungen, und da reicht es eben nicht, nur den Inflationsausgleich zu machen, sondern sie müssen besser bezahlt werden, damit wir Fahrerinnen und Fahrer finden, die zukünftig im ÖPNV auch noch fahren können."
Dass der Arbeitskampf schon so früh so massiv geführt wird, stößt beim WBO auf Kritik. Dass ver.di gleich zu Beginn der Verhandlungen mit teils ganztägigen Arbeitsniederlegungen auf Konfrontation gehe, lasse Maß und Ziel vermissen, kritisiert der WBO-Verhandlungsführer Horst Windeisen. Bei der Gewerkschaft ver.di stellt man sich inzwischen auf einen langen Arbeitskampf ein, denn es würden harte Verhandlungen.
"Unser einziges Mittel, das wir haben, ist der Arbeitskampf, das heißt, wir werden auch peu a peu die Arbeitskampfmaßnahmen steigern, das heißt, beim nächsten Mal werden wir vielleicht mehr tun wie bei diesem Mal und wir werden versuchen, die Bevölkerung zu informieren rechtzeitig, aber das kann auch sein, dass die Arbeitgeber gar nicht mit uns verhandeln, dass wir auch hier härtere Maßnahmen einschlagen werden", so Benjamin Stein.
In Reutlingen kamen einige streikende Busfahrer um die Mittagszeit am ehemaligen ZOB zu einer Kundgebung zusammen. Hier wie in Tübingen wird es jetzt darauf ankommen, wie die weiteren Verhandlungen verlaufen. Auch mehrtägige Streiks sind nicht ausgeschlossen. Allerdings will die Gewerkschaft ver.di spätestens dreißig Stunden vor Streikbeginn die Bevölkerung informieren.