Reutlinger Ehepaar setzt auf innovative Fassadenbegrünung

In Zeiten des Klimawandels ist das Thema Innenstadt- und Fassadenbegrünung wieder wichtiger geworden. Mehr Bäume, mehr Sträucher, Mooswände und Dachbegrünung. Ein Reutlinger Ehepaar geht beim Thema Fassadenbegrünung jetzt ganz neue Wege - und zwar in die Waagerechte.
Die Presse gibt sich in der Friedrich-Ebert-Straße in Reutlingen derzeit die Klinke in die Hand. Der Grund: zwei Zierobstbäume, die waagerecht an der Hauswand angebracht wurden. Die sogenannten Graviplants stammen vom Start Up Visioverdis.
Besitzer Florian Klebs ist Pressesprecher der Universität Hohenheim. Dort hatte sich Biologin Dr. Alina Schick mit der Schwerelosigkeit beschäftigt und Gemüseplantagen entwickelt, die auf jahrzehntelangen intergalaktischen Flügen eine Ernte bringen können. Dabei habe sie festgestellt, dass die Pflanzen ihren Schweresinn verlieren, wenn sie gedreht werden.
Bäume müssen sich permanent drehen
Die Zierkirsche und der Zierapfelbaum an der Reutlinger Hausfassade werden deshalb mithilfe eines Motors permanent gedreht, um die Schwerelosigkeit zu simulieren. Bevor die Bäume montiert wurden, wurden sie zwei Jahre lang vorgedreht, um sich daran zu gewöhnen.
Florian Klebs und seiner Frau gefiel die Idee, den Bäumen eine Möglichkeit zu geben, neuen Lebensraum zu erobern. Es habe ihnen Spaß gemacht, ihr Haus so zu verschönern, aber es habe auch den ernsten Hintergrund, dass man eben jede Möglichkeit nutzen sollte, soviel Grün wie möglich in die Städte zu bringen, erklärt Angela Patka.
Mit App & Datenkabel vernetzt
Alles was der Baum benötigt, befindet sich in einem silbernen Zylinder am Ende des Stamms. „Da ist ein Rohr, das dann an der Hauswand entlang in unseren Keller geht, wo er sich durch eine App Wasser holen kann. Der Baum misst auch wie warm es ist, da wird die Wasserzufuhr bei 7 Grad abgestellt, damit keine Schäden durch Gefrieren entstehen", erklärt Patka. Auch gedüngt werde er automatisch. Für all das benötigt der Baum ein Datenkabel. Günstig ist diese Art der Fassadenbegrünung allerdings nicht. 5.000 Euro kostet aktuell ein Baum. Der Preis soll irgendwann noch auf 3.000 Euro runtergehen, erklärt Klebs.
Obstbaumschnitt übers Küchenfenster
Seit sechs Wochen wachsen die zwei Bäume jetzt schon – allerdings nur noch in die Breite.
„Die bekommen auch einmal im Jahr einen Obstbaumschnitt, dass wird noch richtig spannend. Unsere Idee ist es, dass wir uns mit einer Baumschere am langen Stab aus dem Küchenfenster lehnen. Wir werden dann im Frühjahr sehen, wie es klappt", schmunzelt Klebs.
Die Nachbarn zeigten sich bisher allesamt begeistert und interessiert. Und ein Hingucker sind die waagerechten Bäume auf jeden Fall.